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Das ist nur menschlich

Michael Nickl • Okt. 01, 2020

Projekte verändern Unternehmen, flankierendes Change Management sichert den Erfolg

Wer kennt das nicht: über Nacht wurde eine App auf unserem Smartphone aktualisiert und plötzlich sieht alles anders aus. Die Bedienung hat sich geändert, alte Buttons sind verschwunden und neue mit unbekannter Funktion sind dazu gekommen, und Dank neuer Funktionalitäten werden die Apps immer komplexer. Wie füge ich jetzt gleich noch mal Fotos zu einem geteilten Album hinzu?


Ich bin sicherlich nicht der Einzige, dem angesichts solch ungewollter Änderungen schon mal ein leiser Fluch über die Lippen gekommen ist. Und was das Update unseres Smartphones im Kleinen ist, sind IT Projekte im Großen. Hier musste ich schon häufig beobachten, wie die Auswirkungen auf die Belegschaft unterschätzt und damit sogar der Projekterfolg riskiert wurde. Es wird einfach übersehen, dass Projekte nicht nur die IT eines Unternehmens verändern, sondern auch die Unternehmen selbst, ihre Strukturen, Prozesse und Anwendungen. Und das geht an den betroffenen Mitarbeitern nicht spurlos vorbei, insbesondere dann, wenn sie nicht ausreichend einbezogen und auf die Veränderungen vorbereitet werden.

 

Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt "Change Management", aber nicht im Sinne von ITIL (Änderungen an der IT Infrastruktur) und auch nicht im Sinne des Projekt-Change-Managements, das sich mit Änderungen im Projektablauf beschäftigt. Das Change Management, von dem ich spreche, meint den Umgang mit Veränderungen im Arbeitsumfeld und den Arbeitsabläufen der Menschen, die von IT Projekten betroffen sind. Bei Softwareprojekten kann das die Vorbereitung der Mitarbeiter auf das neue User-Interface und neue Arbeitsabläufe sein, beim IT Outsourcing der geänderte Umgang mit IT-Problemen (Incident-Ticket am Service Desk öffnen anstatt den IT Kollegen im Nachbarbüro fragen, ob er helfen kann).

 

Change Management konzentriert sich also auf die menschlichen Aspekte des Wandels mit dem Ziel, eine kritische Masse von Menschen zu erreichen, die sich für den betreffenden Wandel engagieren, neue Verhaltensweisen erlernen und diese bereitwillig aufrechterhalten. Das klingt erst einmal einfach und wird gerade deshalb von Auftraggebern so häufig unterschätzt. Aber da der Mensch genetisch darauf programmiert ist, sparsam mit seiner Energie umzugehen, mag er Veränderungen nicht, denn diese bedeuten Anstrengung, Umlernen und Neuausrichtung – alles Aktivitäten, die  Energie erfordern.


Deshalb halte ich es für wichtig, bereits bei der Planung eines Projektes die Bedeutung des Change Managements zu betonen, durch entsprechende Change-Management Aufgaben im Projektplan oder gar einem eigenen Teilprojekt. Im Projekt selbst ist dann die Rolle des Change Managers dafür verantwortlich, die Maßnahmen zu planen und durchzuführen. Dieser konzentriert sich auf die menschliche Seite des Wandels, einschließlich der Änderungen an Geschäftsprozessen, Systemen und Technologien, Rollen und Organisationsstrukturen. Der Change Manager nimmt somit eine Schlüsselrolle ein, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass ein Projekt seine Ziele termingerecht und im Rahmen des Budgets erreicht, indem er die Akzeptanz und Nutzung durch die Mitarbeiter erhöht. In überschaubaren Projekten kann diese Rolle vom Projektleiter übernommen werden, in größeren Projekten macht es jedoch Sinn, eine(n) Mitarbeiter(in) explizit mit dem Change Management zu beauftragen. 

 

Eine Besonderheit des Change Managements ist, dass sich erst nach Beendigung des Projektes zeigt, ob es erfolgreich war. Während sich zum eigentlichen Projektabschluss herausstellt, ob die Ziele in-time, in-budget und in-quality erreicht wurden, zeigt sich die Akzeptanz durch die Mitarbeiter erst im Laufe der Zeit. So kann ein auf dem Papier als Erfolg geltendes Projekt nachträglich scheitern, nämlich dann, wenn die Ergebnisse von den Anwendern nicht angenommen werden. Und selbst agil gemanagte Projekte sind trotz des kontinuierlichen Feedbacks der Anwender nicht davor gefeit, denn an Projekten nimmt meist nur eine kleine Gruppe williger Mitarbeiter teil. Ob diese Gruppe allerdings repräsentativ für alle vom Projektergebnis betroffenen Mitarbeiter ist, steht auf einem anderen Blatt.

 

Trotz der Bedeutung für den Projekterfolg wird Change Management häufig noch immer als unnötiger Kostenfaktor gesehen. Die Anpassungsfähigkeit und der Wille der Mitarbeiter, Veränderungen aktiv mitzutragen, wird von Auftraggebern und Sponsoren schlichtweg überschätzt. Der daraus entstehende Schaden durch gescheiterte Projekte und unzufriedene Mitarbeiter überwiegt in der Regel die zusätzlichen Projektkosten, die ordentliches Change Management verursacht hätte. Jeder Auftraggeber sollte es sich deshalb lieber zweimal überlegen, ob er Change Management aus Kostengründen ablehnt. Es könnte ein Fehler sein.

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