Einfach machen

“Warum einfach?” ist der Titel eines Artikels, den ich vor einigen Wochen in der Süddeutschen Zeitung gefunden habe. Darin schildert der Autor den oft reflexhaften Drang von Ingenieuren, Dinge zu verbessern, indem sie noch mehr Dinge hinzufügen - mehr Funktionen, mehr Features, mehr Zeugs. Wenn etwas besser gemacht werden soll, wird automatisch hinzugefügt. Dass es auch zu Verbesserungen führen kann, wenn man etwas weglässt, wird kaum bedacht.

Das gleiche Verhalten stelle ich häufig in Projekten fest. Anstatt zunächst nach einfachen Möglichkeiten zu suchen, ein Projektziel zu erreichen oder Probleme zu lösen, werden oft Maßnahmen ergriffen, die ein Projekt komplexer machen. Mehr Abhängigkeiten, höhere Aufwände und zusätzliche Risiken sind die Folge. Am Ende ächzten viele Projekte unter hochkomplizierten Herangehensweisen, einem unübersichtlichen Abhängigkeitengeflecht und dem heroischen Glauben mancher Projektleiter, dass sie dank Tools und Methoden alles im Griff hätten. “Einfach kann ja jeder” ist ein Ausspruch, den Projektleiter oft halb entschuldigend, halb verzweifelt von sich geben, wenn sie auf die selbstgemachte Komplexität angesprochen werden. Doch die Wahrheit ist, dass Einfach nur wenige können.

Woher kommt der Glaube, dass das Projektheil nur in zunehmender Komplexität zu finden ist? Das könnte zunächst einmal daran liegen, dass es weniger Applaus gibt, wenn man etwas weglässt anstatt Neues hinzuzufügen. Wer lässt sich nicht gerne auf die Schultern klopfen für vermeintlich innovative Problemlösungen, auch dann, wenn es einen einfacheren Weg gäbe? Aber auch das Verhalten von Auftraggebern kann dazu führen, dass die Verantwortlichen komplexen Lösungen den Vorzug geben. So habe ich es selbst schon ein paar mal erlebt, dass Auftraggeber unruhig wurden, wenn nicht ständig Probleme und Herausforderungen an sie herangetragen wurden. Eine kontrollierte und ruhige Projektdurchführung setzten die Auftraggeber gleich mit Stillstand und Geheimnistuerei.

Natürlich lässt sich Komplexität nicht immer vermeiden, gerade IT-Projekte bringen eine Vielzahl von Abhängigkeiten und Risiken mit sich. Trotzdem sollte man als Projektleiter immer darauf achten, einem Projekt nicht auch noch vermeidbare Komplexität hinzuzufügen. “Einfach machen” war deshalb auch mein Leitspruch, den ich für einige Jahre in meiner Email-Signatur stehen hatte, und dieser Leitspruch gilt noch heute. Wie sich das erreichen lässt, wird das Thema meines nächsten Blogbeitrags sein.